Nachdem wir ja so überstürzt aus Changchun fliehen mussten, konnten wir auf Pingtan ein wenig zu Ruhe kommen. Sicher lag das aber auch daran, dass wir vor unserem Kitematerial angekommen sind, das war nämlich länger unterwegs als wir. Und Denny war ja auch noch von der Insel aus dem Home Office fleißig am arbeiten.
Kurzfristig reisen ist hier in China übrigens das Non plus Ultra. Die Flüge werden bis ca. 3 Tage vor Abflug auch immer günstiger, statt wie bei uns immer teurer. Ganz knapp sollte man dann aber auch nicht buchen, dann geht der Preis wieder hoch. Soviel zum Exkurs „Reisen in China“.

Die ersten Tage waren also Ankommen, unseren Ort erkunden, Home Office, Morgenspaziergänge zum Hafen, Relaxen und alle Bewohner in unserem Hotel kennenlernen. Vor allem die mit 4 Pfoten.
Sobald unser Kitezeug da war, war auch der Wind da. Sehr passend. Wie haben wir uns auf diese Zeit gefreut. Wind, Sonnenschein, Strand. Darauf haben wir das ganze Jahr gewartet und hingearbeitet. Meine Liste, was ich am Kite neues lernen wollte, war ungefähr so lang, wie ich groß bin.
Für mich war die Euphorie leider nur sehr kurz. Direkt am zweiten Kitetag bin ich doof gelandet und mein Knie hat was abbekommen. Das Knie ist dick geworden und laufen, springen und surfen war vorerst nicht drin. Ich bin aber nicht zum Arzt gegangen. Der hätte mir nur gesagt, dass ich die Füße still halten soll. Im lang ersehnten Urlaub ja nicht unbedingt das, was man hören möchte. Hatte es letztes Jahr Denny erwischt, so war ich dieses Jahr
dran. Aber wir hatten trotzdem eine super Zeit. Sobald es wieder halbwegs ging, bin ich mit Denny an den Strand gehumpelt, sind wir auf Berge geklettert, waren am Meer spazieren, haben neue Ecken der Insel erkundet und natürlich habe ich regelmäßig versucht wieder aufs Board zu kommen. Ganz so schnell, wie ich mir das gewünscht habe, ging es aber dann doch nicht. 14 Tage musste ich Pause machen und warten bis mein Knie wieder Normalmaß angenommen hatte.
Bei Spiegelwasser habe ich dann mit Physiokiten angefangen. Jeden Tag 10-20 Minuten. Zum Ende des Urlaubes waren sogar wieder ein paar sanfte Hopser drin. Zeit hatten wir ja genug. Soviel sogar, dass wir nur zur besten Zeit, 2 Stunden vor bis 1 Stunde nach der Flut, an den Strand gefahren sind. In Pingtan allgemein und insbesondere an unserem Lieblingsstrand, gibt es nämlich einen sehr großen Unterschied zwischen Ebbe und Flut. Bei Ebbe muss man sehr sehr sehr weit laufen, um ans Wasser zu kommen, bei Flut bildet sich eine kleine Lagune.
Eigentlich wäre in der Zeit auch ein Kitesurf Wettkampf gewesen. Denny, ich und zwei andere Internationals hatten sich auch dazu angemeldet. Ein bisschen was zu gewinnen gab es auch. Aber vor allem das Competition Shirt wollten wir haben. Leider wurde das Event kurzfristig abgesagt. Aber ich hätte wohl auch nicht mitmachen können, mein Knie war noch nicht wieder heile. Die T-Shirts gab es aber trotzdem.

Was haben wir noch so erlebt? Insgesamt waren wir ja fünf Wochen auf Pingtan.
Vor allem haben wir das "Nicht-Testen" sehr genossen. In ganz China stiegen mal wieder die Fallzahlen, nur auf Pingtan war alles ruhig. Wir sind erst wieder testen gegangen, als der Urlaub dem Ende zuging.
Leckere BBQ's mit neuen und alten Freunden, entspannte Abende auf unser Hotelterrasse und äußerst interessante Foodtruck-Begegnungen am Strand.
Zu ein paar Ecken auf der Insel kommt man am besten mit einem kleinen Miet-Elektro-Roller. Die Dinger stehen an fast jeder Ecke und man kann sie für ein paar RMB über das Handy aktivieren. Maximale Geschwindigkeit sind etwa 25km/h.
An einem No-Wind-Tag machen die Flitzer richtig Spaß, generiert man sich doch seinen eigenen Wind.
Wir haben ein kleines Dörfchen im Norden der Insel erkundet. Direkt am Berghang gelegen, mit Blick in eine Bucht, kleine kurvige Straßen, wo kein Auto mehr durchkommt, urig gewachsene Bäume mit rotem Laternenschmuck und einem Kloster. Das haben wir aber nicht besucht. Wir wollten nicht stören.
Meistens waren wir am Golden Beach, der große Strand im Norden der Insel. Bei Nord-Ost ist es dort einfach am schönsten. Und wenn man sein ganzes Kite-Geraffel etwas weiter trägt, als nur 200m von der Straße weg, dann hat man dort auch seine Ruhe und die Leute laufen einem nicht über die ausgelegten Leinen. Viele sind einfach nur neugierig, können aber leider nur selten verstehen, dass wir ein wenig nervös reagieren, wenn sie ihre Zigaretten über unser Material halten oder mit ihren Autos in einem Affenzahn über den Strand heizen.
Diese geometrischen Linien oder Muster werden übrigens von Muschelsammlern gemacht. Sobald das Wasser zurück geht, kommen sie an den Strand, bringen ihren "Sandpflug" mit, laufen stundenlang den Strand hoch und runter und sieben den Sand.

Aber nicht nur die Muschelsammler graben hier Bilder in den Sand. Wie in Ägypten gibt es Sandbuddlerkrabben. Meistens sieht man nur die gerollten Kügelchen oder Kratzspuren im Sand, weil die kleinen Tiere so wahnsinnig schnell sind. Selbst wenn man sich vor so ein Loch hockt und wartet, ist die Chance, dass die Krabbe aus ihrem Haus guckt eher klein.
Schon im letzten Jahr haben wir versucht, an den Elephant Nose Beach zu kommen. Dieses Jahr haben wir einen zweiten Versuch gestartet. Die offizielle Zufahrt war leider wieder (oder immer noch?) abgesperrt durch einen Beamten im Häuschen und Schranke.
Also haben wir uns von hinten angeschlichen und sind mit dem Auto über eine Art Angelteichzufahrt, so weit wie es ging, an unser Ziel herangefahren. Den Rest der Strecke mussten wir laufen. Aber es hat sich gelohnt. Südseefeeling pur:
Bei Südwind sind die meisten Kiter am Wandi - oder in Fachkreisen auch LV Beach genannt, anzutreffen. Letztes Jahr hatten wir keinen Südwind, dieses Jahr waren doch ein paarTage dabei. Der Strand ist für die, im Vergleich zum letzten Jahr deutlich gestiegene, Zahl an Kitesurfern relativ klein, fast zu klein. Zumal der Strand auch noch von einem Zufluss geteilt wird. Je nach Tidenstand muss man mit seinem Material erstmal durch den "Fluss" schwimmen.
Möchte man dem Gedränge entfliehen, fährt man in den Süden. Dort hatten wir den Strand fast ganz für uns allein. Teilen mussten wir unseren Privatstrand nur mit einer Herde Ziegen.
Die Strände in der Stadt, bzw. in Stadtnähe waren uns einfach immer viel zu voll und überlaufen. Außerdem wurden dort die meisten Anfänger geschult und die brauchen auch ihre Ruhe zum lernen. Da müssen wir nicht noch zwischendrin umher kreuzen.